Kurz nach dem Zweiten Weltkrieg begann in den USA eine wahre “Hexenjagd” auf Künstler und Intellektuelle, die im Verdacht standen, mit der Sowjetunion, dem ehemaligen Verbündeten im Kampf gegen Nazi-Deutschland zu sympathisieren oder sympathisiert zu haben. Ihren Höhepunkt fand diese Entwicklung in den “Ausschüssen zur Untersuchung unamerikanischer Umtriebe”, die außer gegen Schulen, Kirchen und staatliche Institutionen in erster Linie gegen Regisseure, Schauspieler, Drehbuchautoren und Produzenten Hollywoods tätig wurden.
Von den 380 Personen, die sich in diesem Zusammenhang vor den Ausschüssen verantworten mussten, konnten nur wenige ihre moralische und politische Integrität bewahren. Zu ihnen zählen die als “Hollywood Ten” bekannt gewordenen Regisseure und Autoren, die ihre Haltung mit einer Gefängnisstrafe bezahlen mussten, oder Lillian Hellman, Dashiell Hammett und Arthur Miller. Einige, wie Charlie Chaplin, Orson Welles und Joseph Losey, wählten den Weg ins freiwillige Exil. Viele, wie Elia Kazan und Walt Disney, wurden zu Denunzianten, nicht zuletzt um dem drohenden Berufsverbot durch die Schwarze Liste zu entgehen.
Guliana Muscio, Dozentin für Filmgeschichte in Padu, arbeitet in ihrem Buch den historischen Hintergrund sowie die Wurzeln der Intellektuellenfeindschaft und des Kommunistenhasses in den USA der 50er Jahre heraus. Sie schildert den bis in die 20er Jahre zurückreichenden Prozess der Syndikalisierung und Politisierung Hollywoods. Außerdem gibt sie einen Überblick über den Umfang des antifaschistischen Kampfes im Hollywood der 30er und 40er Jahre. Die zunehmende internationale Spannung (“Kalter Krieg”) und enorme innere Konflikte führten nach Kriegsende zu einer “ideologischen” Neuordnung. Die Arbeit der Ausschüsse zielte darauf ab, im Namen des Antikommunismus jegliches kritische Denken unmöglich zu machen. Politisches Engagement wurde suspekt; unter den Intellektuellen machte sich ein Klima der Angst breit.
Kommentar
In gestraffter Form fächert Giuliana Muscio die berüchtigte Hexenjagd der McCarthy-Ära auf, die unmittelbar etliche Regisseure, Produzenten, Autoren und Schauspieler betraf und unterschwellig Einfluss auf diese Schaffensperiode nahm. Dazu zählen u.a. Edward Dymtryk, Albert Maltz, Adrian Scott, Dashiell Hammett, Lillian Hellman, indirekt Humphrey Bogart, John Garfield und viele mehr. Dabei berührt sie das komplizierte Geflecht aus ausklingendem New Deal, Gewerkschaftsbewegungen, Zweitem Weltkrieg, Rechtsextremismus, dem Kalten Krieg, Kommunistenhass und Atombombenangst. Spiegelt ein zerrissenes Amerika wieder, in dem sich Misstrauen und Denunziation mit der verbohrten Willkür des HUAC und der Angst der Filmstudios mischten. Keine Kleinigkeit an Informationen, Gruppierungen und Namen, von denen die meisten kurz umrissen werden und so einen faszinierenden und bedrückenden Eindruck in das damalige Studiosystem, das HUAC und die allgemeine Befindlichkeit der amerikanischen Bevölkerung gibt.
Im Anhang gibt es dazu einen kleinen Bildteil, eine Zeugenaussage von James O’Neil und Larry Parks, Auszüge aus Texten von Lillian Hellman, John Howard Lawson und ein Gespräch mit Elisa Kazan, sowie den satirischen Loyalitäts-Test der Hollywood Ten. Reichlich Material auf über 200 Seiten und neben den von Hartmut Keil herausgegebenen Verhörprotokollen (Sind oder waren Sie Mitglied? Verhörprotokolle über unamerikanische Aktivitäten 1947-1956, Reinbek 1979) eine deutsche Quelle zur McCarthy-Zeit bzw. den damaligen “Hexenprozessen”.
Fakten
Hexenjagd in Hollywood – Die Zeit der Schwarzen Liste
Originaltitel: Lista nera a Hollywood, 1979
Guliana Muscio
McCarthy, Amerika in den 50ern
Zu bekommen
