Sie sind Acht. Unterschiedlicher Herkunft und Religion, aus unterschiedlichen sozialen Milieus, von verschiedenem Alter und Charakter. Sie alle wollen mitten im libyschen Bürgerkrieg Tripolis verlassen. Gemeinsam in einem Land Cruiser, unter Beschuss, in sengender Hitze. Quer durch die Wüste in Richtung Tunesien.
Wegen einer Reifenpanne müssen sie in einem von den Regierungstruppen zurückeroberten Dorf Rast machen und in der Ruine eines Hotels übernachten, in dem ausgerechnet auch der Kommandant der Besatzungstruppe logiert.
Nun nimmt kein griechisches, so aber ein ganz reales libysches Drama seinen Lauf.
Kommentar
Krieg, Krieg bleibt immer gleich.
Zugegeben, ein Zitat nicht aus Tito Topins Noir-Drama Exodus aus Libyen, sondern aus dem Endzeitspiel Fallout. Doch die Sinnlosigkeit des Krieges liegt beiden zugrunde. Spielt Fallout in einer vom Atomkrieg zerrütteten Dystopie, wählt der französische Autor Topin reale Schauplätze – den libyschen Bürgerkrieg. In ihn wirft er seine acht Protagonisten, die versuchen, dem Grauen des Konflikts und seiner Willkür zu entfliehen. Ihre Beweggründe sind ebenso unterschiedlich, wie ihre Herkunft, Religion und Vergangenheit. Eingeholt werden sie davon – wie es sich für einen Roman noir gehört – früher als später. Und jeder einzelne von ihnen zahlt einen erschreckend hohen Preis. In kurzen Rückblenden fächert Topin auf, auf welchen Umwegen es die Protagonisten in eben jenen Land Cruiser und schließlich in das besetzte Dorf verschlagen hat. Mancher Lebensweg ist miteinander verschlungen, beleuchtet einen anderen Blickwinkel auf die grausamen Ereignisse. Aber alle sind sie getrieben und verzweifelt. Hoffnung auf Rettung oder gar Erlösung flammt allenfalls kurz auf, ehe sie unter den Bomben französischer Jets oder den Salven der Regierungstruppen krepiert. Die Flüchtenden sind nur Spielball der unkontrollierbaren Kriegskräfte. Das harsche Regime, die gnadenlosen Rebellen – der Tod begleitet sie alle, es spielt kaum eine Rolle, wer den Cruiser verfolgt oder das Dorf befreit. In ihrem Schlepptau nur das Grauen – Gewalt, Blut und Sterben. Krieg war nie anders – egal ob in einer fiktiven, radioaktivverseuchten Zukunft, oder in der Realität. Hier zeigen sich Topins Können und literarische Wucht – Exodus aus Libyen ist roh und brutal bis zu einem Grad, an dem die Schrecknisse des Krieges alltäglich werden – das schlimmste Grauen des Krieges. Und doch entfaltet er in diesen Wirren starke Emotionen in seinen Charakteren und somit im Leser. Hoffen kann man immer, auch wenn es nichts mehr zu hoffen gibt. Und selbst für die Liebe findet sich inmitten der Leichen noch ein wenig Platz.
Fazit
Leben! Leben gegen die Flucht, den Krieg und den Tod. Topin zeigt, dass Krieg immer gleich schrecklich bleibt. Egal, welcher. Und der Leser sollte verstehen, dass ein jeder, der von ihm bedroht wird, ein Recht drauf hat, Schutz und Frieden zu finden.
Fakten
Exodus aus Libyen
Originaltitel: Libyan Exodus, 2013
Tito Topin