Sein Leben in Scherben, findet sich Max Payne wieder – beim NYPD. Während der Routine-Untersuchung eines Mordes läuft ihm Mona Sax über den Weg. Eine Frau, die er für tot gehalten hatte, eine Femme Fatale unter Mordverdacht. Sie hat die Antworten zu den Fragen, die ihn verfolgen. Aber nichts ist einfach in der dunklen, tragischen New Yorker Nacht. Eine Armee von Unterwelt-Schergen steht zwischen ihm und den Antworten, die er sucht. Immer tiefer hinein geht die Reise in seine ganz persönliche Hölle.
Kommentar
Max liebt Mona. Mona liebt Max. Einfacher geht es nicht. Kompliziert wird die Angelegenheit erst, wenn man eine Verschwörung, Mord, Korruption und Gewalt hinzufügt. Und noch bemerkt, dass Max ein hartgesottener Polizist ist, Mona eine Killerin. Die beiden kennen sich schon aus dem ersten Teil von Max Payne – damals bekam Mona eine Kugel in den Kopf und galt als tot. Aber die Vergangenheit ruht nicht, gerade in einem Max Payne-Spiel.
Meisterhaft werden da Film noir-Erzähltechniken umgesetzt – Rückblenden, unscharfe Traumsequenzen, Off-Erzählungen. Ein ohnehin schon komplexes Schachtelkonstrukt (die Handlung springt beständig zwischen Vergangenheit und Gegenwart hin und her) wird mit Geschichten innerhalb des Hauptplots noch verkompliziert. Immer wieder stößt man auf flackernde Fernsehgeräte, die so wunderbare Serien wie den Comic The Adventures of Captain Baseballbat-Boy, die Mystery-Serie Address Unknow, die Schnulze Lords and Ladies, Dick Justice und kleine Werbespots zeigen. Man giert förmlich nach diesen haarsträubenden TV-Schnipseln, um schnell zu erkennen, dass auch sie wiederum Teile der Geschichte transportieren.
Zwischen den Actionsequenzen wartet dann der eigentliche Handlungsträger, die exzellente Graphic Novel von M. Leinonen und S. Saramäki auf. Die dunklen, verschwommenen Bilder spiegeln die Seele des gequälten Max Payne wieder, zeichnen ein alptraumhaftes Bild eines regnerischen New Yorks. Man möchte das ganze gerne als gedrucktes Medium in den Händen halten, nicht nur am Computer genießen. Aber dann entginge einem die ausgezeichnete vokale Unterlegung – Max Payne sieht nicht nur hartgesotten aus, er klingt auch so. Auch die Musik, das klagende Cello der Titelmelodie, passt sich nahtlos der fesselnden Story an.
Gewalt gibt es nicht zu knapp in Max Payne 2 – nichts für zarte Gemüter. Sie zieht sich wie ein blutroter Faden durch die Graphic Novel und die ausgezeichneten Actionlevel. Deren Detailvielfalt ist dermaßen beeindruckend, dass die Schießereien oftmals eher störend wirken – man will sich erst einmal alles ansehen – das Graffiti an den Wänden, die Regentropfen, die in der berühmten BulletTime (eine Art Matrix-Zeitlupe) wie Schnüre auf einen herabregnen – einfach alles. Besonders irritierend ist, dass man die meisten Gegenstände (Kisten, Kleiderständer, Mülltonnen) umwerfen kann. Manchmal wanken sie auch nur, was unglaublich wirkt.
Die Gegner geben sich – wie Max und Mona selbst – bedrückend realistisch. Und persiflieren sich gelegentlich selbst, wenn die Gangster vor dem Fernseher stehen, um Captain Baseballbat-Boy zu schauen, Klavier spielen oder ein Tänzchen wagen. Ihre Gespräche und die einiger Randfiguren runden die Spielwelt perfekt ab. Teils sind die Straßen und heruntergekommen Wohnungen ein beinahe schon schmerzliches Noir-Klischee.
Damit es nicht langweilig wird, stehen eine Ladung Waffen zur Verfügung, die über die sehr gute, intuitive Steuerung zu wählen sind. Max kann springen, kriechen und in Zeitlupenmodus ausweichen (sehr cool und unabdingbar). Die unvermeidlichen Verletzungen kuriert er mit dem Konsum von Painkiller-Medikamenten (die ebenfalls einen netten Werbespot haben). So ausgerüstet schlägt sich Max (und manchmal Mona) durch Straßenschluchten, schmutzige Hotels, einen psychotischen Vergnügungspark, Abrisshäuser, Fabrikruinen und noble Vorortvillen.
Das Leveldesign ist sehr gelungen, auch wenn es kaum Rätsel zu knacken gibt. Der Aufbau ist zumeist sehr realistisch und logisch. Für ein Actionspiel sehr mutig und dem ungewöhnlichen Story-Konzept entsprechend, muss man einige Male sogar durch Levels, in denen weder geschossen noch gesprungen werden kann – häufig sind das die Traumsequenzen oder Erinnerungesfragmente. Das schafft eine eindrucksvolle Atmosphäre. (Und es ist ein Erlebnis, einen fluchenden Mafioso in einem überdimensionalen Captain Baseballbat-Boy-Kostüm zu beschützen – “Hey, I am a collector!”.)
Die einzelen Actionteile wirken oft etwas kurz und das Laden der Levels dauert recht lange und geschieht sehr häufig. Max Payne ist daher kein klassischer Ego-Shooter, sondern beinahe mehr eine interaktive Noir-Geschichte.
Das Spiel schaltet nach erfolgreichen Durchläufen jeweils die nächste Schwierigkeitsstufe frei (davon gibt es drei) – dort gibt es ein alternatives Ende. Zudem stehen nach dem ersten Grad auch zwei Action betonte Varianten zur Auswahl, in der einzelne Karten auf Zeit gespielt werden können.
Essay
Essay The Genius of the Hole zu Max Payne in Martin Comparts Dark Zone – Ein Noir-Reader. Online nachzulesen bei Martin Compart.
Fakten
Max Payne 2
The Fall of Max Payne – A Film noir Love-Story
Erscheinungsjahr: 2003
Studio: Remedy
Darsteller: James McCaffrey, Wendy Hoopes, Jonathan Davis
Drehbuch: Sam Lake
Musik: Kärtsy Hatakka, Kimmo Kajasto
Third-Person-Shooter