Der Student Paul Cartwright (Jimm Lydon) leidet an einem stetig wiederkehrenden Alptraum: Ein Mann, von dem er nur den Schatten erkennt, betört Jimmys Mutter Virginia (Sally Eilers) und seine Schwester Dorothy (Jayne Hazard), während er das tödliche Zugunglück seines Vaters beobachtet und Schubertmusik im Hintergrund spielt. Zur Erholung fährt der Student aufs Land zum Fischen, begleitet vom Hausarzt und Freund Dr. Vincent (Regis Toomey). Doch auch hierhin reichen die Träume. Grund scheint der abrupte Unfalltod seines Vaters, eines erfolgreichen Richters, zu sein. Der alte Herr war so penibel, dass er seinem Sohn Briefe auf Vorrat schrieb, als ahnte er seinen bevorstehenden Tod. Einer dieser Briefe erreicht Paul während seines Urlaubs und bewegt ihn dazu, Heim zu kehren, um auf seine geliebte Mutter aufzupassen.
Diese ist frisch verliebt in den glatten Geschäftsmann Brett Curtis (Warren William), der sie zur Heirat drängt. Als Curtis der lebenslustigen Dorothy ein Armband schenkt, das Paul bereits in seinem Traum gesehen hat, erleidet der Junge einen Nervenzusammenbruch. Zusammen mit Dr. Vincent gelangt er zur Überzeugung, dass Curtis Böses im Schilde führt und sich dazu mit dem Psychiater Muhlbach (Charles Arnt) verbündet hat. In einem Rennen gegen die Zeit lässt Paul sich freiwillig in dessen Sanatorium einweisen, um den Verbrechern auf die Spur zu kommen.
Kommentar
Einer der verlorenen Noirs von Regielegende und B-Movie-König Edgar G. Ulmer (D.O.A., U-Turn), der vor seiner Emigration in die USA gemeinsam mit Robert Siodmak, Billy Wilder, Fred Zinnemann und Eugen Schüftan Menschen am Sonntag (1929) drehte und vorher mit F.W. Murnau (Der letzte Mann) zusammengearbeitet hat. Berühmt ist der 1945 entstandene Strange Illusion vor allem für zwei Traumsequenzen – eine viel versprechende als unmittelbarer Einstieg, die andere als Ende. Eine mit minimalistischen Mitteln inszenierte Hommage an die Filme des deutschen Impressionismus – Schattenspiele und Nebel hüllen die präkognitiven Bilder vom bedrohlichen Fremden und Unfalltod des Vaters ein, bis Paul mit einem Angstschrei erwacht.
Was folgt ist eine Low Budget-Adaption des Hamlet-Stoffs: noch aus dem Grab führt der Vater den Sohn zur Aufklärung seines Todes. Dabei bewegt sich Paul am Rande des Wahnsinns, gaukelt ihn sogar vor, um in Muhlbachs Sanatorium aufgenommen zu werden (was er unbeschadet übersteht im Gegensatz zu Samuel Fullers Protagonist aus Shock Corridor). Das Sanatorium übrigens ein Idealbild eines Low Budget-Streifens: gerade einmal besetzt mit Arzt und Krankenschwester. Ein bisschen simple Psychoanalyse dazu, angedeuteter Ödipus-Komplex und unterdrückte Zuneigung zur attraktiven und jungen Mutter – fertig ist das Drama. Angereichert mit einem glatten Schurken, hippen Jugendlichen und hübschen Mädchen. Da darf man nicht zu sehr auf die fragile Geschichte um einen Kriminellen werfen, der sich mit einem schleimigen Psychiater zusammentut, um einen perfiden Racheplan zu schmieden.
Interessant sind die Positionen der beiden Hauptfiguren: Zum einen der eigenwillig Paul, der ganz im Banne seines Vaters steht, mit seinen mysteriösen Vorahnungen und seiner daraus resultierenden Einsamkeit. Auf der anderen Seite der glatte, rachsüchtige Brett, der sich in das Familienleben der Cartwrights schleicht und vor Diebstahl, Mord und sexuellem Missbrauch nicht zurückschreckt.
Kein sensationelles Schmuckstück der Schwarzen Serie, aber ein interessanter Billigfilm in der Handschrift Ulmers, dem die Produktionsfirma Producers Releasing Corporation (PRC) viel Freiheiten ließ (sie hatte kaum was zu verlieren).
Fakten
Deutscher Titel: Stimme aus dem Jenseits, Der Verräterische Traum
Alternative Titel & Arbeitstitel: Out of the Night, First Illusion
Studio: PRC
Regisseur: Edgar G. Ulmer
Darsteller: James Lydon, Warren William, Sally Eilers
Drehbuch: Adele Commandini
Musik: Hans J. Salter
Basierend auf: –