Die Geschichte spielt 1951 in einem Kaff in Tennessee: Den Geschwistern Corry und Kenneth Tyler stockt der Atem, als sie herausfinden, was Bestattungsunternehmer Fenton Breece mit dem Leichnam ihres Vaters angestellt hat. Sie beschließen, Breece zu erpressen. Woraufhin der Bestatter einen Mann anheuert, ihm die Geschwister Tyler vom Hals zu schaffen. Dieser Mann achtet kein Gesetz, hat kein Gewissen und kennt nur ein Mittel: Gewalt. Eine Hetzjagd ohne Erbarmen beginnt – quer durch ein nächtliches Niemandsland, in dem sich die Abgründe versehrter Seelen öffnen.
Kommentar
Gays Worte weben Bilder aus jener Dunkelheit, in der unsere Urängste dahintreiben. Sie nisten in der Tiefe der Tennessee-Nächte, zwischen den knorrigen Bäumen des Harrikin, in seinen Schluchten und Höhlen. Vor allem aber in den Bewohnern des seltsam entrückten Kleinstädtchens. Sie alle tragen Spuren davon in sich, ein Erbe aus den Anfängen aller Tage. In manchen von ihnen schlummert dieser Teil Dunkelheit nur, in anderen durchdringt er die Seele. Der degenerierte Leichenbestatter Breece, der psychopathische Killer Sutter, ja selbst in den Geschwistern Tyler will das Dunkel an die Oberfläche.
So ist es wenig verwunderlich, dass die Protagonisten mit den Schatten zu tanzen beginnen, in einer surreal anmutenden Flucht durch den verwunschen Wald, Geisterstädte und einsame Gehöfte. Fast wähnt man sich in einem Schauermärchen, das erfüllt ist von verstörenden Leuten, Perversionen und viel Blut. Als strömte aus den Quellen ein schleichendes Gift, das die Dunkelheit des Landes in die Herzen der Ansässigen trägt.
Die Hoffnung in Gays Roman ist dabei ein fragiles Gewebe – wie ein Spinnennetz, in dem das Licht der Morgensonne funkelt, nachdem das Grauen der Nacht in seine Schlupflöcher zurückgekrochen ist. Doch bei der geringsten Bewegung beginnen die Tropfen sich zu lösen, und dies erfolgt zwangsläufig, wenn die Spinne sich der Beute nähert. So unausweichlich, wie der Einbruch der Abendstunden.
Vergleiche zu Davis Grubbs Nacht des Jägers drängen sich beim Lesen unweigerlich auf (Gay zitiert an einer Stelle daraus), aber Nächtliche Vorkommnisse braucht den Schatten eines Harry Powell nicht zu fürchten. Der Kampf zwischen Gut und Böse kommt hier nicht gar so episch daher – die beiden Tyler-Kinder symbolisieren keineswegs die reine Unschuld, wie es Pearl und John tun. Vielmehr treten sie dem Wahnsinn entgegen, der Land und Leute (und sie selbst) gefangen hält.
Fakten
Nächtliche Vorkommnisse
Originaltitel: Twilight, 2007
William Gay