Richard Hudson, ein begnadeter Gebrauchtwagenverkäufer, kennt die Schwachstellen der Männer und Frauen wie ein Zuhälter. Seine Anpreisungen rechtfertigt er mit einer höchst perversen Logik, bis auch er erkennt, dass er sein Leben mit der sinnlosen Jagd nach Geld vergeudet. Er muss sich an etwas Kreativem versuchen – einem ehrgeizigen und risikoreichen Filmprojekt. Hudson investiert alles, was er hat. Kann er seinen Traum verwirklichen? Oder holt ihn die brutale Maschinerie des Geldes ein?
Kommentar
Wäre interessant zu sehen, wie Willefords Roman Filmriss aus dem Jahr 1960 für die Leinwand adaptiert würde*. Denn das Buch selbst spiegelt einen Film wider – Exposition, Rückblenden, Überblendungen, Schnitte, Totale und Abblende. Ich-Erzähler Hudson spielt mit dem Medium Film, mit seiner Subjektivität, mit Perspektiven, mit Erwartungen. Bricht die vierte Wand. Baut die Spannung seiner Geschichte auf, immer höher, bis zur letzten, großen Einstellung. Dabei kann man ihm so weit trauen, wie es sein Job als Gebrauchtwagenhändler zulässt. Erzählt wird vom (amerikanischen) Traum. Vom Traum der Selbstverwirklichung. Vom (kreative) Monument, dass man der Nachwelt hinterlassen will – denn ansonsten scheint Hudson nichts zu kennen, dass das Leben lebenswert macht. Was bedeutet schon der Erfolg als Verkäufer? Was Geld? Was Sex? Nichts. Denn es kaschiert nur, wie kaputt er schon im Vorfeld ist. Eine völlig verzerrte Beziehung zu seiner Mutter, zu seinem Stiefvater und seiner Stiefschwester. Beziehungsunfähig, empathielos. Ein Soziopath, dessen krankhafte Züge vom Glanz des Gelds überblendet werden.
Und als dieser Glanz verblasst, öffnen sich die Abgründe. Hudson braucht etwas, das ihn zusammenhält, in das er sich kanalisieren kann – ein kreatives Projekt: seinen Film, sein Lebenswerk. Das er mit Wucht verwirklicht. Gegen alle Wiederstände. Ohne Rücksicht auf Verluste. Ist das der wahre amerikanische Traum? Die ultimative Selbstverwirklichung? Doch welchen Preis ist man bereit zu zahlen?
Unschwer zu erraten, dass Hudson scheitern wird. Das System gibt nichts auf individuelle Träume. In bester Sunset Boulevard-Manier geht es zu Ende. Mit einem Hauch Jim Thompson. Und Klappe.
*Ich sehe da eine Schwarzweiß-Adaption mit Timothy Carey als Regisseur und Hauptdarsteller.
Fazit
Noir-Kino-Literatur vom Feinsten. Willeford spielt äußerst gekonnt mit Erzähltechniken, mit dem Kino und dem amerikanischen (Alp-)Traum.
Fakten
Filmriss
Originaltitel: The Woman Chaser (The Man Who Got Away), 1960
Charles Willeford
Zu bekommen
Beim Verlag Pulp Master.