Bill Kerrigan, ein zäher Dockarbeiter, leidet unter dem Selbstmord seiner Schwester. Tief in seinem Inneren vermutet er, dass es jemanden geben muss, der sie in den Tod getrieben hat. Doch in den trostlosen Nächten der noch trostloseren Vernon Street gibt es nichts, was er tun kann. Armut, Alkoholismus und Prostitution sind allgegenwärtig, sind Teil seiner Vergangenheit. Seine Wurzeln liegen tief in diesem heruntergekommen Straßenzug begraben. Schmerz, Sehnsucht und Resignation. Als ihm die blondhaarige Loretta Channing begegnet, flammt noch einmal ein Traum auf, diese Umgebung zu verlassen. Mit der reichen Schönen ein anderes Leben zu führen. Doch sind die Band zu seinem alten Leben viel zu stark und das Verlangen nach Loretta macht sein Dasein noch ein Stück weit mehr zur Hölle.
Kommentar
Wie eine Motte das sengende Feuer umkreist, so flattern die Bewohner der abgewrackten Vernon Street um ihre Träume und Hoffnungen. Nur ist es bei ihnen der Mond in der Gosse, der das verführerische Licht birgt. Oder das Blondhaar einer schönen Frau. Am Ende bleibt es gleich, denn sie alle gehen in Flammen auf. Vorher reißen sie sich noch selbst die Flügel aus, um der Hölle auch keinesfalls entgehen zu können. So ist es mit Kerrigan, der innerlich weiß, dass er seiner Vergangenheit (wie alle Noir-Antihelden) nicht entgehen kann, mit seinem abgehalfterten Bruder Frank, dessen Alkohol und Paranoia nicht enden wollen, oder mit Bella, die sich in Kerrigan verliebt und ihn zu verlieren droht, als er seinem Traum hinterher kriecht. Und so ist es mit all den Huren, Drogenbrüdern, Alkoholikern, den kleinen Arbeitern, den Bettlern und Taugenichtsen. Sie umschwirren ihren stinkenden, überfüllten, schmutzigen Mikrokosmos, während ihr bisschen Hoffnung, dass alles doch noch besser wird, regelmäßig im Rinnstein landet. Goodis als Meister der Gossenpoesie, der Slumromantik. Unerreicht.
Fakten
Der Mond in der Gosse
Originaltitel: The Moon in the Gutter, 1953
David Goodis