Capone, Dillinger, Karpis – sie alle schlottern beim bloßen Anblick von George Fraser. Und falls eine der Unterweltlegenden doch muckt, ist George ohnehin der schnellste Schütze mit eisernen Nerven. Zumindest, bis ihn etwas aus seinen Träumen reißt. Denn dann ist George nur ein gutmütiger, etwas einfältiger und erfolgloser Klinkenputzer. Mehr Wissen für ihr Kind verkauft sich aber auch überaus schwer. Er macht gerade mal genügend Kohle, um sich ein heruntergekommenes Zimmer leisten zu können. Da würde er vor Einsamkeit vermutlich eingehen, wenn er nicht einen ebenso scheuen Kater adoptiert hätte. So vegetiert er zwischen Malochen, Haustier und Tagträumen dahin. Bis ihm eines tristen Tages der aggressive Sidney Grant zur Seite gestellt wird. Der junge Mann mit der Narbe auf der Wange und dem Messer in der Tasche bringt fragwürdigen Schwung in die Tür-zu-Tür-Verkäufe. Vielleicht trägt George in seinem Eifer dabei auch etwas dick auf mit seinen Unterweltgeschichten. Aber das macht nun mal Eindruck bei Sidney. Und vor allem bei dessen Schwester Cora. Cora… George verliebt sich Hals über Kopf in die kaltherzige Schöne. Mit Leib und Seele. Und mit Leib und Seele wird er für seine besessene Liebe bezahlen müssen.
Überlege genau, welche Träume du hegst…
Kommentar
Wieder so ein Chase-Roman, nach dessen Konsum man das unbestimmte Gefühl hat, einmal unter die heiße Dusche steigen zu müssen. Rein zur Vorsicht, damit von dem Schmutz und dem Schmier, die seine Figuren in Satan in Satin umgeben, nichts an einem hängen bleibt. Denn außer verkommene Charakteren gibt es keine nennenswerten Figuren. Vorne weg der gehemmte, einfältige George, der zumindest anfangs noch an der Sympathieschwelle kratzt. Tierfreund, schüchtern, in seinen Träumen gefangen. Spätestens mit seiner Besessenheit für Cora wird allerdings offenbar, dass er genauso fertig ist, wie die restliche Riege. Durch und durch egoistische, lüsterne, manische oder psychopathische Typen. Egal ob Georges Vorgesetzter, die kleine Hure und ihr Zuhälter, die Londoner Gangster, oder Sidney Grant. Dabei sind sie nicht einmal die großen Leuchten, die Übergangster, oder Antihelden. Sie sind einfach nur kaputt. Cora ist dabei die Spitze des Ganzen. Im wahrsten Sinne des Wortes schmutzig, unmoralisch, gefühllos, durch und durch egoistisch. Von Beginn an gibt es für keinen von ihnen Rettung. Ihr Niedergang ist unausweichlich, aber dabei nicht einmal befreiend oder erlösend.
Fazit
Fulminantes Intro für den Protagonisten. Und danach ein dreckiger, kleiner Noir-Roman. Wirklich gut.
Fakten
Satan in Satin
Originaltitel: More Deadly than the Male, 1946
James Hadley Chase