Ein verschwundenes Mädchen, verzweifelte Flüchtlinge aus Afghanistan, fremdenfeindliche Provinzpolitiker und ein durchgeknallter Oberleutnant von der Harlander Polizei, einer tristen Landeshauptstadt im Osten Österreichs: Marek Miert, Expolizist, Privatdetektiv, übergewichtig, cholerisch und nicht gerade erfolgreich, hat wieder jede Menge Ärger am Hals. Aber Marek Miert lässt sich von der kriminellen Energie rund um ihn herum nicht beirren. Eher gerät er schon in Rage, wenn ihm etwas gegen den Strich, also gegen seinen gesunden Hausverstand und seine tief in ihm steckende Menschenliebe geht. Dann legt er sich auch mit Gegnern an, die ihm bei Licht besehen eine Schuhnummer zu groß sind.
Kommentar
Philip Marlowe wandert nach Wien aus, hat arge Mühe Aufträge an Land zu ziehen und vegetiert in einer abbruchreifen Absteige dahin. So ähnlich wirkt Wieningers Detektiv Marek Miert im ersten Betrachten. Eine Wiener Ausgabe des hard-boiled-Helden – zäh, frei nach Schnauze, erfolglos aber ehrlich. Ein bisschen stark altbekannte Klischees ausgereizt, charmant angereichert mit der heruntergekommen Landeshauptstadt Harland. Ein Protagonist der sich einen Dreck um Autoritäten schert, seinen Auftraggebern gerne an die Karre fährt und sich wenig Mühe macht, sein ruiniertes Leben gerade zu biegen. Damit enttäuscht Der Engel der letzten Stunde nicht, überrascht aber ebenso wenig. Handwerklich gut Kost, die nach einer Fortsetzung schreit.
Einziges Manko ist die etwas überladene Geschichte, in der Kindesentführung, Menschenhandel, rechtes Gesocks, Undercoverbullen und Mierts verhasster, ehemaliger Vorgesetzter sich die Klinke in die Hand geben und sich der Fall dann recht unspektakulär auflöst – wie das Leben so spielt.
Fakten
Engel der letzten Stunde
Ein Marek Miert-Roman
Originaltitel: Engel der letzten Stunde, 2005
Manfred Wieninger