Architekt Guy Haines ist auf dem Weg ins beschauliche Metcalf, Texas, um die Scheidung von seiner Frau Miriam voran zu treiben. Nach dem er vor drei Jahren ihre Untreue entdeckte, zog er nach New York, allerdings ohne sich auch juristisch von ihr zu lösen. Jetzt aber ist er glücklich mit der reichen Anne, die er heiraten will. Während der Zugfahrt lernt er den Dandy Charles Anthony Bruno kennen, der nach Mexiko reist. Trotz seiner Abneigung lässt Guy sich von Bruno in dessen Privatabteil einladen, gemeinsam trinken sie und der Architekt erzählt vom Grund seiner Reise. Charles scheint ihn im Bezug auf Miriam zu verstehen und ist seinerseits sehr offen zu seinem neuen Freund: Charles hasst seinen Vater mehr als alles andere und wünscht nichts sehnlicher, als nur mit seiner Mutter zusammenleben zu können. Und plötzlich unterbreitet er Guy eine fixe Idee: den perfekten Mord – ein Mord ohne Grund. Wenn jemand wildfremdes Miriam töten würde, könnte niemand den Mörder finden. Und wenn ein anderer Fremder nun im Gegenzug Charles Vater beseitigen würde, wäre das verbrechen perfekt. keine Hinweise, keine Verbindungen. Nur zwei lose Bekannte auf einer Zugfahrt, die sich danach nie wieder begegnen werden. Haines ist entsetzt und verlässt fluchtartig das Abteil, wobei er seine Reise Lektüre, einen Plato-Band, liegen lässt.
Dieses Buch ist es, das Charles die Anschrift des Architekten finden lässt. Kurz darauf ruft er ihn an und erfährt, dass Miriam schwanger von einem anderen ist und die Scheidung verzögern möchte, bis ihr Liebhaber sie heiraten kann. Mit Miriam weiterhin an seiner Seite, will Haines auf einen wichtigen Großauftrag verzichten. Damit ist die Sache für Charles klar: seinem Freund Guy muss geholfen werden. Heimlich reist er nach Metcalf, lauert Miriam während eines Besuchs im Vergnügungspark auf und tötet sie. Seine Flucht gelingt, niemand kann ihn verdächtigen. Und Guy Haines ist frei.
Das war er jedoch schon vorher, denn Miriam erlitt eine Fehlgeburt, der Scheidung stand nichts mehr im Wege. Mit ihrer Ermordung legt sich ein schatten über ihn, dass nicht Miriams Liebhaber sie im Affekt getötet haben könnte, sondern die seltsame Zugbekanntschaft.
Schon bald beginnt Charles ihn unter Druck zu setzen, weist ihn minutiös in den Plan zur Ermordung seiner Vaters ein. Guy zögert, bringt es jedoch nicht über sich, Charles zu verraten, bis es zu spät ist und er keinen anderen Ausweg mehr sieht … und Bruno Senior tötet.
Damit gerät sein Leben völlig aus den Fugen – die Beziehung zu seiner Freundin kriselt, der hartnäckige Privatdetektiv Arthur Gerard setzt sich auf seine Spur, Charles Bruno kann einfach nicht von seinem neuen Freund lassen und die Schuldgefühle machen ihm die Tage und Nächte zur Hölle.
Kommentar
Das Debüt von Patricia Highsmith, für das Alfred Hitchcock die Filmrechte erwarb und seinen legendären STRANGERS ON THE TRAIN (1951) drehte und zu dem kein Geringerer als Raymond Chandler das Drehbuch schrieb.
Die Geschichte zweier unterschiedlicher Männer, die das Schicksal aneinander bindet. Auf der einen Seite der verwöhnte Psychopath Charles Bruno, alkoholabhängig, mit einem Ödipus-Komplex behaftet, dessen Hass auf seiner Vater ihn den scheinbar perfekten Mord erdenken lässt. Nur um gleich darauf eine Manie für seinen Gegenpart, den Architekten Guy Haines, zu entwickeln, die das Durchhalten seines Plans unmöglich werden lässt. Haines selbst ist erfolgreich, glücklich verliebt, intelligent – scheinbar niemand, der für einen Mord in Frage kommt. Doch ist er wiederum fasziniert und gleichzeitig abgestoßen von Charles Bruno, lässt sich von diesem leicht unter Druck setzen und von seinem eigenen Gewissen erst in den Mord und schließlich in die Aufgabe drängen. Bruno Junior wird für ihn zur Manifestation seines Schuldgefühls, er muss sich mit dessen Anwesenheit bis zur Unerträglichkeit geißeln.
Wie kann ein normaler Mensch zum Mörder werden? Braucht es nur den richtigen Fingerzeig, einen kleinen Stoß in die falsche Richtung? Einen Psychopathen, der Druck ausübt? Oder nur ein quälendes, fehlgeleitetes Gewissen? Highsmith begleitet die beiden Protagonisten auf ihrem Niedergang von jenem Noir-Moment an, in dem Haines sich nicht gänzlich von den Schatten in Form des kranken Charles Bruno abwendet und der Unausweichlichkeit seines Schicksals ausgeliefert ist: dem zufälligen Kennen lernen zweier Fremder im Zug. Gute Reise.
Fakten
Zwei Fremde im Zug
Originaltitel: Strangers on a Train, 1950
Patricia Highsmith