Alle fünf Jahre kommen die Quinze Maítres zusammen, fünfzehn der besten amerikanischen Köche, um im exklusiven Ambiente zu schlemmen und zu diskutieren. Diesmal bietet das edle Kanawha Spa in West Virginia alle Annehmlichkeiten für die exzentrischen Starköche. Und sogar Nero Wolfe wagt sich aus seinem New Yorker Heim, um sich als Gastredner den zu erwartenden kulinarischen Genüssen zu widmen. Im Gepäck hat er eine fulminante Rede, um den Meistern auch die amerikanische Speisenkultur nahe zu bringen, und natürlich seinen Vertrauten Archie Goodwin.
Doch Wolfe hat wenig Zeit, sich zu erholen oder gar zu genießen. Denn einer der Köche wird kaltblütig erstochen. Und damit rücken Polizei und Staatsanwaltschaft auf den Plan und bringen Unruhe nach Kanawha. Mit Maítre Vukcic, dem das Mordopfer seine Frau ausgespannt hatte, hat man schnell einen Mordverdächtigen aufgetan und hinter Gitter gebracht. Wolfe sträubt sich mit voller Leibesfülle, in den Mordfall verwickelt zu werden, aber die Aussicht auf ein sagenhaftes Würstchenrezept und ein Anschlag auf sein Leben, locken ihn schließlich aus der Reserve. So beginnt er, diesmal vom Sessel seines Hotelzimmers aus, die Suppe mit Hilfe seines Assistenten auszulöffeln. Denn zwischen den Starköchen herrscht nicht gerade Friede, Freude, Eierkuchen – neben allerlei Gewürzen sind Neid, Missgunst und Eifersucht die bevorzugten Zutaten dieser feinen Gesellschaft.
Kommentar
Wolfe wird immer dann besonders interessant, wenn er sich aus seiner vertrauten Umgebung wagen muss. Dann kollidiert sein exzentrischer Charakter mit der Außenwelt und er hat Raum und Zeit, seine Sicht der Dinge ins Feld zu führen. So wird das gute Rezept eines klassischen Kriminalfalls noch einmal um eine Prise Charakterdarstellung verfeinert. Denn dass der dicke Gourmet den Fall mit der ihm eigenen Brillanz löst, steht außer Frage, sobald man einen Nero Wolf-Roman in die Hand nimmt. Wie immer gibt es einen rätselhaften Mord und natürlich eine stattliche Anzahl von Verdächtigen, die ihre kleinen und großen Geheimnisse hüten. In Zu viele Köche allerdings wehrt sich Nero lange Zeit, die Arbeit der Polizei und Staatsanwaltschaft zu übernehmen. Er ist als Gast zum Treffen der Meisterköche gekommen, nicht als Detektiv. Zumindest solange, bis er selbst Ziel des Mörders wird. Dann legt er sich zusammen mir Archie noch einmal ordentlich ins Zeug, um den Killer zu überführen, denn länger als zwingend notwendig will er seinem heimischen Sessel und seinen Orchideen nicht fern bleiben.
Lesenswert wird Zu viele Köche auch durch einen weiteren Aspekt – Stout nutzt seinen Protagonisten, um sich gegen die in den 40ern herrschende Diskriminierung von Schwarzen auszusprechen. Dies wird im Nachwort noch einmal ausführlicher beleuchtet.
Das Auge isst mit – Klett-Cotta bringt einige Nero Wolfe-Romane (u.a. Der rote Bulle) im wunderschönen Leineneinband heraus. Zu viele Köche wurde dabei von Simone Salitter und Gunter Blank neuübersetzt, Tobis Gohlis steuerte das erhellendes Nachwort bei. Als kleines Schmankerl findet sich das Rezept zu Neros Saucisse Minuit im Anhang, welches bei der Buchveröffentlichung zu Promotionszwecken verteilt wurde. Ein runder Literarturgenuss also.
Fazit
Einer der längeren Wolfe-Romane, dessen Kriminalfall an manchen Stellen etwas zu bemüht daherkommt, aber durch das Zusammenspiel von Nero und Archie, dem kulinarischen Rahmen und den (Un)Tiefen der Nebenfiguren zum Lesegenuss wird.
Fakten
Zu viele Köche
Originaltitel: Too Many Cooks, 1938
Rex Stout