Wie hoch ist der Preis der Macht? Existiert eine politische Karriere ohne Schattenseiten? Ist irgendjemand rein von Schuld? Der idealistische Hinterwäldler Willie Stark mausert sich zum erfolgreichen, bürgernahen Lokalpolitiker, der den Sprung in die große Politik wagt und schließlich zum Gouverneur wird. An seiner Seite eine Gruppe von Getreuen, die ihm auf dem steinigen Weg nach oben beistehen. Sugar-Boy, sein zurückgebliebener Chauffeur und Leibwächter, Sadie Burke, seine politische Beraterin, Tiny Duffy, ein korrupter Strippenzieher und schließlich der ehemalige Geschichtsstudent Jack Burden, der für seinen Boss Dreck über unliebsame Konkurrenten ausgräbt. Burden ist es, der zum Chronisten von Willie Stark wird und sein Leben und Handeln ausbreitet, während er auch seine eigene Geschichte erzählt. Alle haben sie einen Preis zu zahlen, um nach oben zu kommen. Manche begleichen die Rechnung mit ihrem Gewissen, manche mit ihrem Leben.
Kommentar
Ein schwergewichtiger, amerikanischer Literaturklassiker von Pulitzer-Preisträger Robert Penn Warren, 2006 unter dem gleichnamigen Titel verfilmt mit Sean Penn und Jude Law. Starks fiktive Karriere ist angelehnt an ein reales Vorbild, Huey “Kingfish” Long aus Louisiana. Nach über sechzig Jahren hat sich am Tun und Lassen in der kleinen und großen Politik scheinbar nicht viel geändert – Kompromisse, Korruption und Machtgier. Kein Mitspieler, der nicht irgendwo einen Schatten in seiner Vergangenheit hat. Anfänglicher Idealismus zerbricht am emotionslosen Räderwerk der Politikmaschinerie. Selbst eine Figur wie Stark, der sich lange Zeit weigert, im trüben Haifischbecken zu schwimmen und zu jagen, muss realisieren, dass es heißt “fressen oder gefressen werden”. Die Haie warten schon.
Dass in diesem politischen Betrieb auch noch persönliche Probleme, kleine und große Dramen warten, die es auf die Standhaftigkeit der Getreuen abgesehen haben, überrascht nicht. Allen voran Jack Burden, Protagonist und Erzähler, der sich nicht damit begnügt, das Auf und Ab von Starks Karriere zu betrachten, sondern auch langatmig seinen eigenen Werdegang offenbart. Und der ist ermüdend. Das Willie Stark-Drama nimmt nur einen Teil der fast 700 Seiten ein, der Rest ist Burden (im wahrsten Sinne des Wortes) – man lese die ersten 200 Seiten und dann wieder die letzen 150. Es sei denn, man ist an bedeutungslosen Abschweifungen in Jacks Ahnenreihe, die recht wenig mit den Königstreuen zu tun hat, interessiert. Oder, noch enervierender, an Jacks Beziehungsproblemen zu seiner Jugendliebe Anna Stanton – Unfähigkeit, dein Name ist Jack. Zwar schließt sich der Kreis am Ende mühsam, Burdens Vergangenheit holt die Gegenwart ein und ändert den Lauf der Geschichte. Aber da ist es eigentlich egal, denn Hauptsache, der Schinken ist bald zu ende. Unterschwellig sind in den Protagonisten noireske Züge zu finden – allen voran Jacks Unfähigkeit, auch nur irgendetwas zu einem Abschluss zu bringen, Entscheidungen zu treffen oder sich gegen eben diese Unfähigkeit zu stellen. Aber nachdem Penn Warren das Thema immer und immer wieder exerziert hat, bricht die Schwarzfärbung der Charaktere (und einiger weniger guter und intensiver Szenen), unter der schieren Seitenzahl zusammen.
Fakten
Das Spiel der Macht
Originaltitel: All the King’s Men, 1946
Robert Penn Warren