Whom God wishes to destroy he first makes mad.
(Euripides, 425 B.C.)
Der Reporter Johnny Barett (Peter Breck) lässt sich mit Hilfe seiner Freundin, der Stripperin Cathy (Constance Towers), in eine Irrenanstalt einweisen, um einem Mörder auf die Spur zu kommen und so den Purlitzer-Preis zu gewinnen. Es gelingt ihm, die Ärzte zu täuschen und sich den anderen Patienten anzunähern – drei davon waren Zeuge, wie ein weiterer Patient namens Sloan erstochen wurde. Einer hält sich für einen Offizier im Bürgerkrieg, der andere ist ein Farbiger, der überzeugt ist, ein weißer Rassist zu sein, und der letzte schließlich ein hoch angesehener Wissenschaftler, der in infantile Spiele geflüchtet ist.
Doch während er sich immer näher an die Lösung des Falls tastet, begleitet von Pagliacci (Larry Tucker), einem 300-Pfund Verrückten mit Operstarqualitäten, setzt ihm die Belastung mehr und mehr zu. Barett beginnt die Lügengeschichte zu glauben, die er den Ärzten erzählt hat, leidet an Halluzinationen und wird einer Schocktherapie unterzogen. Als er schließlich die Wahrheit erfährt, zahlt er einen schrecklichen Preis.
Sam Fullers, der zwischen 1949 und 1965 siebzehn LowBudget-Filme in Hollywood drehte (davon zwei Noir-Filme Underworld U.S.A. und Pickup on South Street, sowie etliche Western und Kriegsfilme), hoch gepriesene Tour de Force durch den Irrsinn der amerikanischen Gesellschaft. Die Insassen gemartert von Rassismus, Antikommunismus und der Atombombe – die lastenden Schatten des amerikanischen Traums. Fuller, selbst einmal Kriminalreporter, am Puls der Zeit. Psychologie mit dem Holzhammer, immer und immer wieder eingebläut. Der farbige Student, den Fremdenhass in den Wahn trieb, so dass er sich für den Gründer des KKK hält. Der durch Gehirnwäsche zersetzte Kommunist, der trotz Reue von allen verabscheut wird und sich in die Traumwelt des Bürgerkriegs flüchtet. Schließlich der Atomwissenschaftler, der dem Druck der Verantwortung nicht Stand hielt und sich in seine Kindheit flüchtete, um ewig zu malen und verstecken zu spielen. Dazwischen Geistigverwirrte, Nymphomaninnen, skrupellose Zeitungsmenschen und der Protagonist Johnny, der sich mit Leib und Seele der Suche nach der Wahrheit verschreibt, um dabei über seinen eignen Verstand und Größenwahn zu stolpern. Ein Film noir-Held, der schon von der ersten Szene an verdammt ist, ihm zur Seite seine gequälte und hilflose Freundin, deren Skepsis an der Besessenheit des Reporters scheitert.
Keine Romantik, kein Happy End – nur die drastischen S/W-Aufnahmen, aufgebohrt mit einer handvoll farbiger Halluzinationen, ein bedrückender Score und überzeugende darstellerische Leistung. Dabei lässt Fuller seine Figuren Cathy und Johnny Zwiegespräche mit sich selbst führen, in denen gerade letzterer mehr und mehr seinen Abstieg in den Wahn beschreibt, während ihn im Traum eine strippende Cathy verfolgt.
Ein Jahr später sollte Constance Towers noch einmal mit Samuel Fuller zusammenarbeiten, dieses Mal an The Naked Kiss.
Für die harten S/W-Aufnahmen zeichnet Stanley Cortez verantwortlich, der für Welles an The Magnificent Amberson und für Laughton an The Night of the Hunter gearbeitet hat.
Die farbigen Wahnsequenzen setzen sich aus Material zusammen, dass in Japan für House of Bamboo (1955) und von Fuller selbst in Matto Grosso, Brasilien, für den nie vollendeten Tigrero aufgenommen wurde.
Nebenbei liefert Shock Corridor noch eine Striptease-Nummer, Schlägereien, Elektroschocktherapie und den Angriff einer Gruppe Nymphomaninnen. Was will man mehr?
“Sam Fuller is not a beginner, he is a primitive; his mind is not rudimentary, it is rude; his films are not simplistic, they are simple, and it is this simplicity I most admire.”
(Francois Truffaut)
Fakten
Deutscher Titel: Schock-Korridor
Alternative Titel & Arbeitstitel: –
Studio: Allied Artists
Regisseur: Samuel Fuller
Darsteller: Peter Breck, Constance Towers, Gene Evans
Drehbuch: Samuel Fuller
Musik: Paul Dunlap
Basierend auf: –
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