Zollinspektor Kujan vermutet hinter der blutigen Schiffskatastrophe im Hafen von San Pedro einen groß angelegten Drogendeal. Die brutale Auseinandersetzung scheinbar rivalisierender Banden überlebten nur zwei Leute, ein schwer verletzter Ungar und der verkrüppelte Trickbetrüger Verbal. Letzter scheint mehr zu wissen, als er gegenüber Kujan zugeben will … Denn unter den Leichen befanden sich vier Schwerverbrecher: der korrupte Ex-Polizist Keaton, der arrogante Sprengstoffexperte Hockney, der hitzköpfige Dieb McManus und sein seltsamer Partner Fenster.
Die fünf Kriminellen ließen sich auf einen Deal mit dem Teufel ein, wie es scheint, dem geheimnisvollen Gangsterboss Kayser Soze – den niemand je gesehen hat und der mit unmenschlicher Härte gegen seine Feinde vorgeht. Eine urbane Legende, die für die skrupellose Band mehr und mehr zu einem Alptraum wird, aus dem es kein Entkommen zu geben scheint.
Kommentar
Täuschungen und Lügen, Halbwahrheiten und verzerrte Perspektiven – The usual suspects wächst sich zu einem komplexen Geflecht voller abrupter Wendungen und einem furiosen Finale aus.
The Usual Suspects greift auf etliche Stilmittel des klassischen Film noirs zurück – verschachtelte Rückblenden, subjektive Erzählperspektiven und Off-Kommentare, gemischt mit hollywood-gerechten Bildkompositionen. Ein bunter, moderner Thriller, mit sehr viel Videoästhetik, die ihm an einigen Stellen jedoch auch zum Nachteil gereicht. Die Szenen wirken zu künstlich, die Hauptfiguren zu eindimensional. Sicherlich ein handwerklich geschickt inszenierter (Neo-Noir-)Thriller, aber bei weitem nicht ein solcher Geniestreich, wie er an allen Ecken und Ende gerühmt wurde.
Spoiler
The Usual Suspects mit schönen Grüßen von Hitchcocks Vertigo?
Betrachtungen zu Brian Singers Thriller.
Ein Neo-Noir mit außergewöhnlichem Finale? Eine Handlung voller abrupter, ungewöhnlicher Wendungen? Der Kleinganove Verbal als Mastermind Kayser Soze? The Usual Suspects ist vor allem eins: ein Spiel mit den Erwartungen der Zuschauer und des Genres. Mit der Möglichkeit, dass der Zuschauer schon von den ersten Filmminuten an auf eine völlige falsche Fährte gesetzt wird … und keine Chance hat, sie wieder zu verlassen.
Die Geschichte um Kayser Soze ist recht komplex – seine Ziele erst am Ende des Fims durchschaubar: er als “Teufel in Menschengestalt”, als urbane Legende, die niemals jemand zu Gesicht bekommen hat, manipuliert die vier Schwerverbrecher geschickt dazu, ihm unwissentlich dabei behilflich zu sein, einen lästigen Zeugen (der einzige Mann, der weiß, wie Soze aussieht) ins Jenseits zu befördern. Und gleichzeitig noch etliche konkurrierende Kriminelle und seine Handlanger selbst.
Das macht Kayser Soze höchst selbst, jawohl! Der Mann, der unglaubliche Macht und Mittel besitzt, der Leute für sich arbeiten lässt, ohne, dass sie es ahnen, der an geheime Akten gelangt und dessen tödlicher Einfluss bis in die höchsten Kreise reicht – dieser Kayser mischt sich als unbedeutender Trickbetrüger unter das Todesschwadron, macht bei kleinen Überfällen mit, um schließlich alles auf das große Finale hinauslaufen zu lassen. In dem er höchst selbst den Zeugen beseitigt, seine vermeintlichen Partner hinrichtet und sich dann mal so eben von der Polizei schnappen lässt. Und somit Gefahr läuft, sein bis dahin unbekanntes Gesicht der Polizei zu offenbaren. Ganz zu Schweigen davon, dass er trotz seines Einflusses nicht mitbekommen hat, dass es einen weiteren, lebenden Zeugen gibt. Und $91 Million mal eben so am Hafen von San Pedro liegen lässt.
Ein Mann mit seinem Einfluss könnte die vier ahnungslosen Schwerverbrecher doch mit Leichtigkeit dazu bringen, für ihn zu arbeiten (er erpresst sie ja zu einem späteren Zeitpunkt problemlos), anstatt sich kompliziert mit ihnen in eine Zelle sperren zu lassen, Überfälle zu erledigen (und Gefahr zu laufen, dabei erwischt zu werden). Davon abgesehen, dass es sicherlich eine sinnvollere Teamzusammenstellung für die Beseitigung des geheimnisvollen Zeugen gibt, als ein paar Diebe und einen korrupten Bullen.
Womöglich ist The Usual Suspects einfach nur von Anfang an eine gewaltige Lüge, von einem erzählt, dessen Name es schon andeutet: Wortzauberer Verbal.
Es gibt zu Beginn des Films eine kurze Szene, in der Verbal vor einem staatlichen Gremium sitzt und mit seiner Geschichte beginnt: “Es begann vor etwa zwei Wochen …” Was begann? Das lässt sich wohl kaum feststellen. Da gab es eine Schiffskatastrophe mit einer Menge Leichen. Vielleicht. Und irgendwie hängt Verbal da mit drin. Aber wie und warum? Wer weiß das schon. Alles, was er von nun an erzählt, ist eine einzige, große Unwahrheit. Womöglich. So wird aus einem kleinen Trickbetrüger ein ganz großer Junge, der selbst die härtesten Ganoven manipuliert und erfahrenen Polizisten die Hucke voll lügt. Seine Erzählung greift auf Informationen zurück, die er gar nicht besitzen kann, begleitet die einzelnen Figuren in Blickwinkeln, die er sich nur ausgedacht haben kann (über das Finale zum Beispiel weiß er haarklein zu berichten, wie es Keaton erging).
Und der Zuschauer hat keinen Augenblick die Chance, sich diesem Lügenkonstrukt zu entziehen, lässt sich beständig durch die abrupten Wendungen überraschen, bis es im Finale endlich heißt: “Aha!”
Was “Aha”? Nichts aha. Alles nur Märchenstunde. Dazu passen auch die zumeist sterilen Bildkompositionen und die blassen, vergangenheitslosen Hauptfiguren (abgesehen von Dean Keaton, aber den brauchte Verbal auch, um von sich abzulenken).
Womöglich ist da also ein wenig Vertigo in dieser Geschichte. Aber nicht mit der Klasse von Meister Hitchcock. Da ergab die Handlung am Ende immerhin noch einen Sinn. Der geht The Usual Suspects bei kritischer Betrachtung nämlich ganz schnell verloren. Abgesehen davon, dass der Zuschauer – im Gegensatz zu Vertigo – keine Chance hat, die Lügen zu durchschauen (wenn er nicht am Anfang der Geschichte sehr gut aufpasst).
Fakten
Deutscher Titel: Die üblichen Verdächtigen
Alternative Titel & Arbeitstitel: –
Studio: PolyGram / Spelling Films
Regisseur: Bryan Singer
Darsteller: Stephen Baldwin, Gabriel Byrne, Chazz Palminteri, Kevin Spacey, Pete Postlethwaite
Drehbuch: Christopher McQuarrie
Musik: John Ottman
Basierend auf: –