Mit einem Schlag bricht die gewohnte Welt um Nachtclubmusiker Christopher Emmanuel Balestrero (Henry Fonda), genannt Manny, zusammen. Um seiner Frau Geld für den Zahnarzt zu geben zu können, will er eine Versicherungspolice beleihen. Die dortigen Angestellten glauben jedoch in ihm den Mann wieder zu erkennen, der sie bereits einmal ausgeraubt hat. So kassiert ihn die Polizei vor seiner Haustür ein. Einmal mit dem Stigma des Verbrechers gezeichnet, sind Behörden und Zeugen von seiner Schuld überzeugt. Manny wandert ins Gefängnis. Nur seine Familie hält verzweifelt zu ihm und bekommen ihn auf Kaution frei. Gemeinsam mit seiner Frau Rose (Vera Miles) und einem gewieften Rechtsanwalt macht er sich auf die Suche nach Zeugen für ein Alibi. Doch zu seinem Schrecken muss er feststellen, da zwei von ihnen bereits gestorben sind und der dritte verschwunden.
Kommentar
Hitchcock las im “Life”-Magazin vom Fall des Christopher Emmanuel Balestrero, eine reale Vorlage, aus der Maxwell Anderson und MacPhail das Drehbuch erarbeiteten. Somit der einzige Film des Meisters, der auf einer wahren Begebenheit beruht. Dementsprechend ernst und still verarbeitet er das Thema (Hitchcock selbst litt Zeit seines Lebens an einer tiefen Furcht vor Polizisten). In klaustrophobischen Bildern, geschickt zwischen den Point-of-View-Aufnahmen des Protagonisten (z.B. sein starrer Blick an die Zellenwand) und suggestiven Kamerafahrten wechselnd, zieht Hitchcock den Zuschauer in den unausweichlichen Ablauf des Dramas. Von der normalen Familienwelt mit einem Schlag hinein in Polizeiwagen, Verhörzimmer, Gefängniszellen, Gerichtsräume – in eine begrenzte Welt, aus der es kein Entkommen zu geben scheint. Eine wichtige Facette des Noir – der Einbruch des unausweichlichen Schreckens in die Alltagswelt, ein Protagonist, der hilflos in ein dunkles Schicksal gestoßen wird.
Der falsche Mann lebt aber nicht nur von Hitchcocks meisterhaftem Erzählstil, sondern auch von der Leistung des Hauptdarstellers Fonda. Der ausgezehrte, leicht melancholische Blick, der sich bald in Entsetzen und schließlich Apathie wandelt, die Körperhaltung, als erwarte er den nächsten Schicksalsschlag, von dem er weiß, dass er sich kaum dagegen auflehnen kann. Zwar kämpft Manny um seine Unschuld, aber seine Bemühungen sind seltsam hölzern, als wäre er seiner Verurteilung unausweichlich ausgeliefert und – vor allem – als wäre sein Vertrauen in die Welt, in die Menschen und das Leben, heftig erschüttert. Das Bisschen Kraft, dass er noch übrig hat, der Lebensfunk, den seine wundersame Rettung – zu der er selbst nichts beigetragen hat, entfacht, droht unter dem anderen Drama, dem Zusammenbruch seiner Frau, zu ersticken.
Nicht überraschend für die damalige Zeit, forderte die Produktionsfirma ein glückliches Ende, so dass der Film nicht mit der Einstellung im Sanatorium, sondern einer Schrifteinblendung mit glücklicher Familie im Hintergrund endet.
Ungewöhnlicher für einen Hitchcock jedoch die Tatsache, dass der Meister selbst einleitende Worte zum Film sprach – dafür fiel sein bereits gedrehter Cameo in einem Restaurant raus.
Für den Score zeichnete Bernard Herrmann verantwortlich.
Fakten
Deutscher Titel: Der falsche Mann
Alternative Titel & Arbeitstitel: –
Studio: Warner Brothers
Regisseur: Alfred Hitchcock
Darsteller: Henry Fonda, Vera Miles, Anthony Quayle
Drehbuch: Maxwell Anderson, Angus MacPhail
Musik: Bernard Herrmann
Basierend auf: Maxwell Andersons The True Case of Christopher Emmanuel Balestrero