Die Vereinigten Staaten zwischen Hollywood, McCarthy, HUAC, Schwarzer Liste, Atombombenangst und dem Kalten Krieg.
House on Un-American Activities Committee (HUAC)
Komitee für unamerikanische Aktivitäten
Mit der Oktoberrevolution 1917 kam die Angst in die Vereinigten Staaten. Erstarkende Arbeiterbewegungen und eine neue politische Weltmacht brachten das Selbstbild der auf freiem Unternehmertum und Privatiniative gründenden USA – unvereinbar mit der kommunistischen Ideologie – ins Wanken. Schon in den Zwanziger Jahren suchte man Sündeböcke und fand sie im pädagogischen und kulturellen Bereich und in den Gewerkschaftsbewegungen – die Kommunisten.
Dann kam der Börsencrash von 1929, die Weltwirtschaftskrise und die Zeit der Massenarbeitslosigkeit, schließlich Roosevelt und sein New Deal, groß angelegte Reformen, Engagement in Kultur, gefolgt vom wirtschaftlichen Wiederaufschwung. Gleichzeitig erstarkten faschistische Regime in Europa, der Schatten des Krieges legte sich über das Land. Das durch Roosevelts Politik liberalisierte Hollywood wurde schnell zu einer Propagandamaschinerie. Produzenten, Drehbuchautoren und Schauspieler egal welcher politischen Gesinnung (abgesehen von rechtsextremistischen) einten sich im Propagandakampf gegen den faschistischen Terror, als der Krieg hereinbrach. Mal gegen die Sowjetunion (während des Hitler-Stalin-Paktes), mal prosowjetisch. Doch bereits 1945 zeichnete sich eine neue Ära ab – die des Kalten Krieges. Der New Deal war vorbei, der Krieg siegreich überstanden, die Welt zweigeteilt zwischen den USA und der Sowjetunion, erstere darauf bedacht, ihre internationalen Märkte zu verteidigen. Geprägt von der Inflation (1947) und dem Verlust der alleinigen Atommacht, brachte der Korekrieg 1951 den Kalten Krieg endgültig auf den Weg. Es waren die Jahre Joseph McCarthys und des HUAC.
Breits 1930 wurde der McCormack-Dickstein-Ausschuss eingesetzt, um kommunistische und rechtsextremistische Ideologien abzuwehren, gefolgt vom Dies-Ausschuss, der das erste Mal als House on Un-American Activities Committee (HUAC) bezeichnet wurde. Diese Untersuchungen wurden vom amerikanischen Kongress mit dem Ziel durchgeführt, Grundlagen zur Formulierung von Gesetzen zu finden. Der Ausschuss fokussierte sich beinahe ausschließlich auf linke bzw. kommunistische Subversion, währende rechtsextreme Gruppierung mehr oder minder offen ihren Aktivitäten nachgehen konnten.
Im Jahr 1947 übernahm J. Parnell Thomas den Vorsitz des HUAC. Am 20. Oktober eröffnete er zusammen mit John McDowell, Richard Vail und Richard Dixon eine öffentliche Anhörung, in deren Verlauf 19 “unfreundliche” (sie waren nicht bereit, Auskunft über ihre politische Gesinnung zu geben) Zeugen auftraten (auch Bertold Brecht), aus denen sich später die Hollywood Ten herauskristallisieren sollten. Das “Commitee for the First Amendment”, gegründet von John Huston, William Wyler, Philip Dunne und Alexander Knox, versuchte spektakulär aber erfolglos gegen das Treiben des HUAC zu protestieren. Zahlreiche Hollywoodgrößen charterten dafür einen Flieger, um bei der Anhörung dabei zu sein und ihren guten Ruf zu verteidigen (Mitglieder waren u.a. Gregory Peck, Edward G. Robinson, Kathrin Hepburn, Humphrey Bogart, Lauren Bacall, Sterling Hayden, Kirk Douglas, Billy Wilder, John Ford), sprachen im Radio oder zur Zeitung. Die heftigen Reaktionen der “unfreundlichen” Zeugen gegen das HUAC empörte jedoch das CFA und ließ die Gruppe schnell auseinander brechen.
Die als Hollywood Ten bekannt Männer waren:
- John Howard Lawson, Theaterkritiker und Filmschriftsteller
- Dalton Trumbo, Drehbuchautor
- Alvah Bessie, Drehbuchautor und Journalist
- Albert Maltz, Schriftsteller und Drehbuchautor
- Herbert J. Biberman, Regisseur und Drehbuchautor
- Lester Cole, Drehbuchautor
- Ring Lardner jr., Drehbuchautor
- Adrian Scott, Drehbuchautor und Produzent
- Samuel Ornitz, Regisseur und Schriftsteller
- Edward Dmytryk, Regisseur
Wegen Missachtung des Ausschusses gingen die Hollywood Ten ins Gefängnis. Wobei sie vorher noch einen kurzen Dokumentarfilm zu ihrer Ehrenrettung drehten: The Hollywood Ten (ein Transkript des Films findet sich in Hexenjagd in Hollywood).
Um die Frage nach ihrer politischen Gesinnung auszuweichen (Sind oder waren Sie Mitglied der Kommunistischen Partei?), beriefen sich die Zehn auf den Ersten Zusatzartikel der Verfassung, der die Freiheit der politischen und weltanschaulichen Meinung und das Recht auf Geheimhaltung schützt. Dies gab dem Ausschuss die Möglichkeit, wegen Missachtung des Kongresses Freiheits- und Geldstrafen zu verhängen. Gaben sie ihre Mitgliedschaft zu, folgten weitere Fragen nach anderen Mitgliedern. Später verlagerten sich die “unfreundlichen” Zeugen auf den Fünften Zusatzartikel, der besagt, dass niemand in einem Strafverfahren gezwungen werden darf, sich selbst zu belasten. Dies verhinderte eine Strafe wegen Missachtung, implizierte aber in der Öffentlichkeit und durch die negative Darstellung der Ausschüsse ein Schuldeingeständnis.
Edward Dmytryk rettete später seine Karriere, indem er als reuiger Zeuge dem Kommunismus öffentlich abschwor und andere Personen denunzierte. Andere litten mehr oder weniger stark unter der öffentlichen Ächtung und vor allem der inoffiziellen Schwarzen Liste der Hollywood-Studios. Die Auswirkungen der Anhörungen beschränkten sich nicht nur auf mögliche Freiheitsstrafen und Rufschädigung in der Öffentlichkeit, sondern konnten auch finanziellen Ruin bedeuten. Der Schauspieler Philip Loeb beging 1955 sogar Selbstmord, weil er – auf der Schwarzen Liste vermerkt – keine Anstellung mehr finden konnte. Dashiell Hammett ging ins Gefängnis, gleichzeitig wurden ihm seine Einkünfte durch die Steuerfahndung entzogen und seine Bücher aus öffentlichen Bibliotheken entfernt. Filme von gechasten Schauspielern oder Produzenten wurden durch die Aktivitäten der antikommunistischen American Legion boykottiert.
Einigen Autoren gelang es jedoch, auf dem Schwarzen Markt ihre Drehbücher an Hollywood zu verkaufen, meist unter Pseudonym oder über einen Strohmann, allerdings nur zu einem Bruchteil der früheren Bezahlung. Dalton Trumbo war einer der aktivsten dieser Lieferanten.
1949 übernahm John S. Wood den Vorsitz des HUAC, im gleichen Jahr wurde der McCarran International Security Act gebilligt, der als kommunistisch eingestufte Personen und Organisationen registrierungspflichtig machte. Die Spionageprozesse um Alger Hiss (Mai und November 1949), der Erfolg der Kommunisten in China am 01. Oktober 1949, der Erfolg des Soviet atomic bomb project und der Ausbruch des Koreakrieges (21. Januar 1950) gaben dem HUAC und Joseph R. McCarthy freie Bahn. Ihre Jagd schloss den öffentlichen Dienst, Gewerkschaften, Schulen, Radio, Fernsehen, Theater, Kino und Kirche mit ein. Die Angst, dass die Kommunisten Hollywood und die amerikanische Regierung unterwanderten, vergiftete in der Folgezeit das kulturelle Klima der USA.
Im Jahr 1951 waren vom HUAC u.a. geladen: Sterling Hayden, Melvyn Levy, Cliford Odets und Frank Tuttle – sie traten als “freundliche” Zeugen auf und denunzierten Kollegen und Freunde, weiterhin Howard da Silva, John Garfield, Abraham Polonsky, Dashiell Hammett und Lillian Hellman als “unfreundliche” Zeugen.
Ein Jahr später trug Isenhower den Wahlsieg davon, Senator McCarthy wurde im Amt bestätigt. Konservative Gruppen wie die “American Legion”, “Wage Earners”, “Catholic War Veterans” und antikommunistische Zeitschriften wie “Counterattack” und “Red Channel” unterstützen verbissen die Aktivitäten des HUAC und anderer Untersuchungsausschüsse – sie publizierten Inhalte der öffentlichen Sitzungen oder riefen zum Boykott von Filmen mit vermeintlich subversivem Inhalt oder “verdächtigten” Schauspielern auf. Die New Yorker Detektei “Aware, Incorporated” spezialisierte sich darauf, in der Vergangenheit von Personen nach kommunistischen Verbindungen zu suchen.
Die Aktivitäten des HUAC zogen sich bis in die 60er Jahre hinein, aber bereits 1953 sank sein Stern langsam. 1954 endete McCarthys Höhenflug, als er mit seinen Army Hearings die US-Armee auf kommunistische Unterwanderung durchleuchtete und dabei auf heftigen Widerstand traf. Seine medienwirksame Diffamierung des hoch dekorierten Generals Ralph W. Zwicker brachte schließlich auch den Senat gegen ihn auf, der ihm im Dezember 1954 das Misstrauen aussprach und die Befugnisse der Untersuchungsausschüsse beschnitt. McCarthy verstarb 1957 an den Folgen seines Alkoholmissbrauchs.
Die Schwarze Liste verschwand nur langsam aus Hollywood, brach erst um 1960 mehr und mehr in sich zusammen (vor allem durch die Arbeiten gechaster Drehbuchautoren auf dem Schwarzmarkt). Im Umfeld von Fernsehen und Radio hielt sie sich allerdings bedeutend länger.
Links
http://www.lib.berkeley.edu/MRC/blacklist.html
Kurzbiographien der Hollywood Ten.
Library, University of California, Berkeley, 1996
Literatur