Mit vier Jahren Knast im Nacken wegen eines Raubüberfalls, kann Sam Baynard froh sein, überhaupt einen Job als Milchmann zu haben. Dexter City ist dabei keine brummende Metropole, aber genau das richtige, um seine Vergangenheit hinter sich zu lassen. Und mit der süßen Lois hat er ein Mädchen, das er liebt. Doch deren gutbürgerliche Eltern wissen noch nichts von seiner Vorstrafe. Dafür aber der zähe Bulle Lantis, der davon überzeugt ist, dass ein Ganove immer ein Ganove bleibt, und ihm zusetzt. Das alles könnte Sam noch aushalten, aber als unvermittelt die Gangsterbraut Elva auftaucht, droht sein Pfad der Ehrlichkeit sich in einen direkt in die Hölle zu verwandeln. Denn wegen Elva saß er im Knast und weiß, dass in ihrem Schlepptau immer Ärger wartet. In diesem Fall in Gestalt des skrupellosen Verbrechers Kohzak der Baynard ein Angebot macht, dass dieser nicht ausschlagen kann. Innerhalb kürzester Zeit liegt alles in Scherben, was er sich mühsam aufgebaut hat.
Kommentar
Like Mink Like Murder wieder in der von Whittington ursprünglich geschriebenen Fassung (oder wenigstens so nahe dran wie möglich) im Druck zu haben, grenzt an ein kleines Noir-Wunder, denn der Roman galt lange Zeit als verloren für den amerikanischen Markt und nur in der französischen Fassung T’as des Visions! oder in einer verzerrten (spricht mit Sex aufgestylten) Version der Corinth-Bücher als Passion Hangover auffindbar. Nach Whittingtons Tod fand sein Sohn jedoch das erste Manuskript des Romans, auf dessen Grundlage David Laurence Wilson die Story überarbeitete, die in diesem Sammelband vorliegt.
Inhaltlich ist Like Mink Like Murder klassischer Noir-Stoff: Ein Mann wird vom Schatten seiner Vergangenheit eingeholt und kämpft verzweifelt dagegen an. Seinem enthaltsamen, ehrlichen Leben mit mühsamem Job und lieblicher Verlobten, stehen eine verführerische Frau, schnelles Geld, Gangster und Gewalt gegenüber. Das erinnert an Criss Cross aus dem Jahr 1949 und tatsächlich liest sich Whittingtons Roman wie ein Film. Äußerst effektiv und schnörkellos erzählt er die Geschichte, wie bei To Find Cora ist schon nach zwei Seiten klar, dass man es mit einer gequälten Seele zu tun hat, die von Anfang an dem Untergang geweiht ist. Handelt Cora von Besessenheit, ist es hier der Fatalismus, der den Protagonisten Sam unweigerlich vorwärts zwingt. Die Widerstände gegen sein resozialisiertes Leben türmen sich immer weiter auf, niemand gesteht ihm eine Chance zu (nicht einmal der Leser selbst?), bis schließlich klar ist, dass es nur den Weg jenseits des Gesetzes gibt. An der Seite einer Frau, die er mehr hasst als liebt, unter der Knute eines brutalen Verbrechers, im Visier der braven Bürger und misstrauischen Polizisten.
Fazit
Guter Noir-Stoff.
Fakten
Like Mink Like Murder
Originaltitel: T’as des Visions! (Passion Hangover), 1957
Harry Whittington