Frühling in Florida. Die Urlaubszeit ist vorüber. Die meisten Touristen sind bereits abgereist und die Bewohner des hübschen Ferienortes Flamingo haben die Stadt wieder für sich allein. Ihnen stehen ein paar ruhige Abschläge auf den leeren Golfplätzen und Sonnenbäder auf den unberührten Stränden bevor. In den Geschäften kehrt Ruhe ein, die Kinder machen sich einen Spaß draus, die verlassenen Ferienhäuser zu erkunden, selbst die örtliche Polizei wird träge. Denn dieser April ist extrem heiß. Zu heiß. Die Hitze flirrt über dem Asphalt der Straßen, der Sand am Strand verbrennt einem die Füße. Flamingo steht ein träger Monat bevor. Aber dann hält ein staubiger Buick mit Chicagoer Kennzeichen im Paradies. Ein Mann und eine Frau steigen aus. Sie bringen das Unheil mit. Die bösen Tage haben begonnen.
Denn was die Fremden im beschaulichen Küstenstädtchen wollen, wird eine Spur von Gewalt nach sich ziehen: den Inhalt eines Tresors im Haus eines exzentrischen Millionärs. Dass dieser sich hinter hohen Mauern in einer kleinen Festung verborgen hält, hindert die Ankömmlinge nicht daran, sich eine satte Millionen unter den Nagel reißen zu wollen. Ihr Anführer ist ein vom FBI gesuchter Sträfling, ihm zur Seite stehen ein alternder Safeknacker, ein gescheitertes Starlet und ein sadistischer Auftragskiller. Während die Sonne gnadenlos auf Flamingo niederbrennt, planen sie ihren Coup. Nur schade, dass einer von ihnen ein doppeltes Spiel treibt. Und es auch unter den Bewohnern des Städtchens zu rumoren beginnt. Denn die Gangster sind nicht die einzigen, die scharf auf die Kohle sind.
Kommentar
Ehe John D. MacDonald ab 1964 mit seinen Travis McGee-Roman einen nachhaltigen Einschlag im Detektivroman hinterließ, verfasste er bereits etliche Kriminalromane. U.a. ein Köder für die Bestie (Cape Fear). Mit Böser April aus dem Jahr 1956 lieferte er eine schmutzige, kleine caper story ab. Ab dem ersten Moment ist klar, dass seine vier Protagonisten weder gut sind, noch es gut für sie ausgehen wird. Der ausgezehrte Sträfling, der um keinen Preis der Welt mehr in den Knast zurück will. Seine Geliebte, eine gescheiterte Schauspielerin, die bereits alle Hoffnung auf Glamour aufgegeben hat. Der alternde Tresorspezialist, der eigentlich schon längt ausgestiegen sein wollte. Der kaltblütige und psychopathische Auftragskiller, den das Töten mehr reizt, als das große Geld. Sie bilden von Beginn an eine fragile Zweckgemeinschaft, deren einzige Grundlagen Gier und Misstrauen sind. Das ist ihnen bewusst, aber einen anderen Weg gibt es für sie nicht. Dementsprechend ist die Stimmung zwischen ihnen so drückend, wie die Hitze im scheinbar beschaulichen Flamingo. Denn statt es bei seinen fragwürdigen Verbrechern zu belassen, lädt MacDonald die Atmosphäre noch weiter auf – auch die Bewohner haben einiges an Dreck am Stecken und das kocht in diesem bösen April hoch. Die Hitze steigt nicht nur den Bewohnern von Flamingo, Florida, zu Kopf.
Fazit
Wie viele gescheiterte Existenzen kann man in einen schlanken Kriminalroman packen? John D. MacDonald zumindest einen ganzen Kleinbus. So verwundert es nicht, dass die Grundstimmung in Böser April schon ab den ersten Zeilen aufgeladen, aggressiv und verzweifelt ist. Und sich unter der sengenden Sonne Floridas weiter aufheizt. Bis alles in einem Finale aus Gewalt und Tod kulminiert, grausam und brutal. Wenn am Ende das fremde Böse ausgemerzt ist, bleibt allerdings die Frage, ob seine Wurzeln nicht vielleicht auch in den Herzen der scheinbar normalen Einwohner wuchern.
Fakten
Böser April
Originaltitel: April Evil, 1956
John D. MacDonald