Sexton Blake galt zu seinem Erscheinen ab 1893 als Reaktion auf Doyles Erfolge mit seinem Meisterdetektiv Sherlock Holmes, geriet aber trotz Veröffentlichungen bis 1978 mit über 4.000 Geschichten von über 200 Autoren und zahlreichen Adaptionen in Comic, Radio und Film über die Jahre in Vergessenheit. Erfunden wurde der Detektiv vom Journalisten Harry Blyth unter dem Pseudonym Hal Meredeth, doch durch den anfänglich ausbleibenden Erfolg ließ Herausgeber Alfred Harmsworth Blyth nach den ersten sieben Geschichten ersetzen.
Die Ähnlichkeiten zu Blakes ungebrochen erfolgreichen Kollegen Holmes sind dabei nicht von der Hand zu weisen – auch Sexton wohnte zeitweise in der Baker Street, hatte einen seine Fälle dokumentierenden Assistenten und eine charmante Haushälterin. Dazu kamen noch sein treuer Superhund Pedro und etliche Verbündete, die Blake bei seinen weltweiten Abenteuern beistanden. Statt mit Professor Moriarty schlug Blake sich über die Jahre allerdings mit einer ganzen Riege von Fieslingen herum, von denen etliche bereits in die Kategorie Superschurken fielen, wie sie in späteren Superheldencomics auftauchten – Waldo the Wonderman, Zenith the Albino oder George Marsden Plummer. Das zeigt auch, das Blake in seiner Blützezeit im Gegensatz zu Holmes ein Pulpheld war, in dessen Abenteuern Action und exotische Schauplätze im Vordergrund standen. Erst nach dem zweiten Weltkrieg verkleinerten sich die Fälle des Detektivs wieder auf ein klassisches Maß, beeinflusst von der zu dieser Zeit populären Kriminalromane des Pulp.
The Slave Market!
Cecil Hayter
Blake und Tinker auf Rettungsmission im tiefsten Afrika. Der britische Offizier Sir Richard Losley wurde von skrupellosen Sklavenhändlern entführt, die unter der Führung des Weißen Todes stehen, einem Mann ohne Gnaden. Interniert in einem schwer bewachten Fort, warten Losley und hunderte anderer Sklaven auf die Verschiffung. Zeit für Blake, den Mann zu retten. Unterstützung bekommen sie von dem kampfstarken Zulu Lobangu. Doch als Tinker in Gefangenschaft gerät, spitzt sich die Lage unvermittelt zu. Ein tollkühner Plan muss her, um die beiden aus den Fängen des Weißen Todes zu befreien. Doch dies ist erst der Auftakt für eine dramatische Flucht hin zur finalen Auseinandersetzung mit den Sklavenhändlern.
Eine Abenteuergeschichte im Stile eines Rider Haggard – viele Kämpfe, eine waghalsige Flucht, Rubine und gefährliche Eingeborene. Wohl alles, was Leser im Erscheinungsjahr 1907 faszinierte. Blake muss hier weniger detektivisches Können zum Einsatz bringen, als vielmehr taktisches Geschick und Wagemut. Stilistisch kurz und knapp gehalten, ist The Slave Market! ein durchaus guter Auftakt des Casebooks.
A Football Mystery
W.J. Lomax
Die britische Insel wird in ihren Grundfesten erschüttert und nur einer kann das Empire retten – Sexton Blake. An ihm liegt es, die Fahne hoch zu halten und für Königin und Vaterland anzutreten! Denn das denkbar Schlimmste ist eingetreten – der Nukleus der britischen Seele droht zu zerplatzen! Keinen Krieg in Übersee, kein Attentat auf die Queen gilt es zu verhindern! Nein, Sexton Blake muss das Mutterland des Fußballs vor einer ungeheuerlichen Pleite bewahren. Denn die geheimnisvollen Crimson Ramblers sind nicht zu stoppen. Gnadenlos deklassiert die fahrende Elf die Eliteclubs der Insel. Die Rekordniederlagen treffen die Briten in ihrer tiefsten Seele. Nur das Spiel gegen die Nationalmannschaft mag die Ramblers noch stoppen. Wenn nicht, wird sich der britische Fußball niemals wieder erholen. Blake muss alles daran setzen, das Geheimnis der Elf und ihres Managers zu enthüllen. Denn es kann nicht mit rechten Dingen zugehen, wenn das Mutterland des Fußballs derart vom Platz gefegt wird. Doch die Zeit wird knapp und auf dem Weg lauern tödliche Gefahren für den Meisterdetektiv und seinen Kompagnon Tinker.
Unterhaltsame Geschichte in der Blake sich nicht nur in klassischer Detektivarbeit beweisen muss, sondern auch auf dem Platz.
The Man from Scotland Yard
Ernest Sempill
Sexton Blake wird zufällig Zeuge eines Mordanschlages auf einen jungen Mann. Als er der noch frischen Spur des Täters folgt, taucht schon die zweite Leiche auf – der Killer hat im Anschluss an den ersten Anschlag auch gleich noch einen Earl erschlagen. Doch dem Mörder ist nicht so leicht auf die Spur zu kommen, denn er entpuppt sich als Meister der Maskerade, der reihenweise in neue Verkleidungen schlüpft. Blake muss all sein Können aufwenden, um ein Motiv und schließlich den Attentäter ausfindig zu machen. Dabei geraten er und sein Begleiter Tinker mehr als einmal in akute Lebensgefahr. Zu allem Überfluss hat auch noch Scotland Yards bester Mann den Fall übernommen und droht dem Superdetektiv die Suppe zu versalzen.
In The Man from Scotland Yard kreuzt Blake das erste Mal die Klinge mit seiner Nemesis, dem brillanten Plummer, einem Meister der Masken und taktischem Genie. Ein tödliches Katz und Maus-Spiel entspinnt sich zwischen den beiden, bei dem bis zum Schluss nie klar wird, wer hier eigentlich wen jagt. Gegen Ende wirkt das ewige Hin und Her etwas ermüdend, aber ansonsten bleibt es eine ganz annehmbare Detektivgeschichte.
The Law of the Sea
William Murray Graydon
Als der Luxusdampfer Paleta beim Rendezvous mit einem Eisberg versinkt, überleben Sexton Blake und sein Begleiter Tinker die Katastrophe nur knapp. An Bord eines Rettungsschiffes finden sie den zweiten Offizier des Kreuzfahrtschiffes, Richard Champney, der in einem der wenigen Rettungsboote, die eigentlich nur Frauen und Kindern vorbehalten waren, dem Ertrinken entging. Champney behauptet zwar steif und fest, über Bord gestoßen und das Bewusstsein verloren zu haben, aber niemand glaubt ihm und das Gesetz der See erlaubt keine Feigheit. Bei seiner Rückkehr nach England ist Richard ein gebrochener Mann. Von seinem Vater verstoßen und von seiner großen Liebe abgewiesen, bleibt ihm nichts anderes, als sich der Armee zu verpflichten und im indischen Hinterland ruhmreich zu sterben. Doch plötzlich stolpert Sexton Blake über einen ersten Hinweis, der Champneys Unschuld beweisen könnte. Ein Wettlauf mit der Zeit beginnt, der Blake und Tinker sogar in den tiefsten Dschungel führt.
Erschienen 1912, knapp zwei Monate nach dem Untergang der Titanic, schwimmt The Law oft he Sea unverhohlen im Strom der Katastrophe (die Schifffahrtsgesellschaft im Roman heißt Green Star Line). Allerdings ist das Unglück nur Aufhänger für einen Kriminalfall um gestohlene Perlen und einen hinterhältigen Anschlag auf die Ehre besagten Champneys, der Sexton aus der englischen Provinz hinüber nach Indien führt. Dort wiederum wandelt sich The Law oft he Sea zu einer Abenteuergeschichte mit Schwerpunkt auf den verzweifelten Offizier, die in einem wilden Gefecht gegen aufständische Einheimische mündet, in der britischer Mut und Kampfesstärke zum Sieg und schließlich zum Happy End führen.
The Brotherhood of the Yellow Beetle
G.H. Teed
Sir George Halliday, ein Abenteurer und Asienexperte, stirbt unter mysteriösen Umständen, gerade als er Sexton Blake brisante Informationen mitteilen will. An der Leiche findet sich nur ein seltsamer, winziger Einstich am Hals, ansonsten deutet alles auf Herzversagen hin. Doch gerade das erweckt das Misstrauen des Meisterdetektivs. Aber wer könnte Halliday umgebracht haben? Und warum? Hing es vielleicht mit dessen letzter Chinareise zusammen, von der Halliday als nervöser und paranoider Mann zurückkehrt? Doch warum kostete ihn das nun in London das Leben? Schon nach den ersten Ermittlungen spürt Blake, dass er es hier mit einem diabolischen Verbrechen zu tun hat, das nur die Spitze des Eisbergs ist. Denn eine tödliche Gefahr ist in Halliays Schatten in die britische Metropole eingezogen.
Die Gelbe Gefahr war auch schon 1913 ein Thema – in diesem Fall sogar mit doppelter Bedeutung. Denn Blake hat es hier nicht nur mit seinem chinesischen Erzfeind Wu Ling zu tun, sondern auch mit einem Killer in gelb, dem Werkzeug der Bruderschaft des gelben Käfers. Das mag heute nicht mehr so ganz politisch korrekt anmuten, liest sich aber dennoch dank der gelungen Mischung aus akribischer Detektivarbeit, weitreichender Verschwörung, tödlichen Fallen und dramatischer Action ausgesprochen gut.
A Case of Arson
Robert Murray Graydon
Henry Bargrove, Geschäftsführer der Impregnable Insuranc Company, wendet sich voller Verzweiflung an Sexton Blake – denn seine Versicherung musste gerade satte 110.000 Pfund für ein niedergebranntes Haus und den Verlust eines wertvollen Ölgemäldes zahlen. Nur stellte sich nach der Auszahlung heraus, dass der Besitzer des Hauses schon eine Weile in den Staaten ist und gar keine Versicherung abgeschlossen hatte. Wer aber war dann der Mann, der Bargrove in der Verkleidung des Besitzers zur Annahme der Versicherung überredet hatte? Und warum besaß der Betrüger ein unglaublich wertvolles Ölgemälde, das doch eigentlich dem sturen Oberst Boden gehörte, der sich niemals von seinem Bild hatte trennen wollen? Und warum fühlt sich auch der amerikanische Multimillionär Cyrus C. Crag um weitere 100.00 Pfund betrogen? Sexton Blake merkt schnell, dass er es hier mit der genialsten Betrügerei des Jahrhunderts zu tun hat, die seinem detektivischen Können alles abverlangt.
Kein simpler Fall von Brandstiftung, sondern ein dreistes Gaunerstück spornt Blake und Tinker zu Höchstleistungen an. Denn ihnen gegenüber steht ein wahrer Meisterdieb, der nur unter dem Namen Bat bekannt ist. So wird dem Coup auch ein guter Teil der Geschichte zugestanden, ehe der Meisterdetektiv auf den Plan tritt. Das erinnert an Arsen Lupin und natürlich an Sherlock Holmes, macht aber gerade deswegen Spaß. Verfasst wurde A Case of Arson dann in der nächsten Autorengeneration – nämlich von Robert Murray Graydon, dem Sohn von William Murray Graydon.
The Black Eagle
G.H. Teed
Ein Mörder geht um in London. Und Mr. Bramwell Chester ist überzeugt davon, das nächste Opfer zu sein. Daher möchte er Sexton Blake beauftragen, sein Leben zu schützen und den geheimnisvollen Killer unschädlich zu machen. Neben einem Drohbrief und panischer Furcht hat Mr. Chester aber vor allem ein dunkles Geheimnis in seiner Vergangenheit. Denn vor zwanzig Jahren wurde in Frankreich ein Mann des Mordes angeklagt und auf Devil’s Island inhaftiert – einem der schrecklichsten Gefängnisse Frankreichs. Chester war einer derjenigen, dessen Aussage den Mann hinter Gitter brachte. Unschuldig, wie der Angeklagte bis zum Schluss beteuerte. Nun ist Sträfling von der Teufelsinsel verschwunden und die Zeugen von damals fallen nacheinander tödlichen Unfällen zum Opfer. Kann Sexton Blake einen weiteren Mord verhindern?
Kurze Kriminalgeschichte mit überraschend düsterem Unterton. Blake, der in einem illegalen Spielclub ein und aus geht und alles daran setzt, dieses Etablissement zu schützen. Der skrupellose Rachefeldzug eines womöglich zu Unrecht Verurteilten. Ein Abstecher in das Pariser Drogenmilieu voller Hoffnungslosigkeit. Genügend Dunkelheit, um Blake in der den Sammelband abschließenden Geschichte noch mal von seinem Kollegen Sherlock Holmes zu differenzieren.
Fazit
Blake spielt vielleicht nicht durchgängig in der Holmes-Liga, verpasst es manchmal, sich vom Doyle-Helden zu entfernen, bietet aber in guten Momenten spannende und actionreiche Unterhaltung.
Fakten
The Casebook of Sexton Blake
Originaltitel: The Casebook of Sexton Blake, 1907 – 1923
David S. Davies (Herausgeber)