Das Leben des Joseph Raymond McCarthy (1906 – 1957) – Senator von Wisconsin, Kommunistenjäger und Demagoge, der einem Jahrzehnt seinen Namen aufzwang – McCarthyismus. Mit akribischer Genauigkeit machten sich die Journalisten Jack Anderson und Ronald May 1952 daran, den Mythos eines der meist gefürchteten Politiker der 50er-Jahre mit Dreck zu bewerfen. Und dafür gruben sie tief in der Erde Wisconsins. McCarthys Kindheit, seine Versuche als Hühnerzüchter, sein rasantes Jurastudium, seine Arbeit als Rechtsanwalt, schließlich seine zweifelhafte Karriere als Kreisrichter, seine freiwillige Zeit als Soldat, darauf sein unaufhaltsamer Aufstieg zum Senator und gefürchteten Kommunistenjäger. Kein Stück Vergangenheit, an dem die beiden Autoren nicht ein paar schmutzige Spuren entdecken.
McCarthy ein Kriegsheld? Nur ein Betrüger, dessen Kriegsverletzung von einem Leitersturz rührte. McCarthy ein ambitionierter, junger Richter? Ein skandalträchtiger Kreisrichter, der die Verfassung der Vereinigten Staaten mehrfach mit Füßen trat. McCarthy eine politische Lichtgestalt in Zeiten von Korruption und kommunistischer Unterwanderung? In Wahrheit ein Lobbyist, Lügner und Volksverhetzer der übelsten Sorte (nicht umsonst eignete sich McCarthy einige seiner politischen Kunstgriffe aus Hitlers Machwerk “Mein Kampf” an).
Ausführlich durchleuchteten die Autoren das politische Gefüge der Vereinigten Staaten – McCarthys Feinde (die zumeist mit miesen Propagandatricks ruiniert wurden) und seine Freunde bzw. politischen Befürworter. Dazu ein Blick in Joes fragwürdige Finanzen (Pepsi-Cola-Kid), seine Wahlkampfstrategie (Massenversand von Postkarten zur Verunglimpfung von Gegenkandidaten) und gekonnte Manipulation von Zeitung und Fernsehen.
Kommentar
Jack Anderson arbeitete seit 1947 als Journalist für die Washington Post und galt als ein enger Freund McCarthys – er war einmal in dessen Büro zugegen, als Joe mit Senator Robert Taft telefonierte und stellte eigene Recherchen zur Verfügung, um McCarthys wilde Beschuldigungen zu untermauern.
Als Andersons Chef, der Kolumnist Drew Pearson, sich jedoch entschied, McCarthy auf die Abschussliste zu setzen, war er gewillt – anfangs zögerlich, später enthusiastisch – Schmutz über seinen alten Freund auszugraben, der berüchtigt dafür war, politische Gegner in Hetzkampagnen zu diffamieren. In der damaligen Situation ein mutiger Schritt.
Der Senator zeigte sich nicht begeistert von Andersons Arbeit: “You wait for the next elevator, Jack. I don’t want you stinking up this one.” Doch trotz McCarthys Bemühungen, Pearson und Anderson als Kommunisten zu verunglimpfen, erschien das Buch 1952. Verleger war Mel Arnold, dessen Verlag Beacon mit vier weiteren Büchern offen Kritik an McCarthy übte (1953 erhielt der Verlag dafür lobende Post von Albert Einstein).
Fakten
McCarthy
Originaltitel: McCarthy the man, the senator, the “ism”, 1952
Jack Anderson / Ronald May
McCarthy, Amerika in den 50ern