Shuggie Boyle ist draußen. Vier Jahre Knast für einen bewaffneten Raubüberfall, verkürzt wegen guter Führung. Ein neuer Mensch, oder wenigstens beinahe. Mit der richtigen Atemtechnik kriegt er seine Wutausbrüche schon unter Kontrolle, der Gefängnispsychiater hat ihm den Kniff gezeigt. Klappt auch, meistens. Spielt aber auch keine Rolle, denn Shuggie hat etwas, dass ihm ein neues Leben, frei von Verbrechen, ermöglicht: ein Ziel. Jawohl, ein verdammtes Ziel. Dazu brauch er nur die Beute aus dem letzten Coup. Die liegt zuhause, bei seiner alten Flamme. Solange ihm seine früheren Kumpels nicht über den Weg laufen, will er nur die Kohle abgreifen und dann ab in eine goldene Zukunft. Vorausgesetzt, die verfluchte Welt kapiert auch, dass da der neue Shuggie unterwegs ist.
Kommentar
Ray Banks besitzt eine junge, harte Noir-Stimme, mit schottischem Akzent versteht sich, mit der er eine schnörkellose Loser-Story rausbrüllt. In bester Hard-boiled-Tradition hängt an California kein Gramm Fett. Und auch kein Gramm Happy End. Ein kompakter, gezielter Schlag aufs Nasenbein. Knirschen und Blut inklusive. Unter hundert Seiten, wohlgemerkt. Das dürfte einer der Gründe sein, weshalb Banks Brüllen ungehört auf dem deutschen Markt verhallen wird. Das Gleiche trifft auf seinen Landsmann Charlie Williams zu, der ebenfalls bei Five Leaves veröffentlicht hat. Vielleicht schafft ja irgendwann der eBook-Markt Abhilfe und fegt einmal reinigend durch die maroden Verlagslandschaft. Bis dahin bleibt nichts anderes übrig, als sich California im Original reinzuziehen. Das sollte man schleunigst tun.
Dafür kriegt man pure Noir-Kost um einen Versager, der sich bis zum bitteren Ende einredet, noch die Kurve zu kratzen. Obwohl schon nach der ersten Seite klar ist, dass die ganze Scheiße von wegen geläutertem Kriminellen, Selbstkontrolle durch Atemtechnik und Abgang ins neue Leben, für die Tonne ist. Aber, einen Versuch ist es verdammt nochmal wert!
Fazit
Kurz, trostlos – genau das Richtige.
Fakten
California
Originaltitel: California, 2011
Ray Banks