Sechs Schüsse auf Parker sind der Abschluss eines kaltblütigen Raubüberfalls und das Ende seine Ehe. Denn den Abzug drückte seine Frau durch, um sich mit seinem Partner Mal Resnick und $93.000 abzusetzen. Doch einer wie Parker krepiert nicht einfach. Der Gedanke an Rache reicht aus, ihn über Wasser zu halten und ein paar Monate auf einer Gefängnisfarm, um wieder auf die Beine zukommen. Danach ist New York dran, denn dort hat sich Resnick in ein Verbrechersyndikat eingekauft. Nicht, dass das irgendeine Form von Schutz bieten würde. Nur mehr Leichen auf Parkers Weg. Denn der will Mal und seinen Anteil an der Beute zurück.
Kommentar
Parker hat die Durchschlagskraft einer 45er. Wer ihm in die Quere kommt, wird vom Asphalt gekratzt. Da ist kein Quäntchen Moral, nicht ein Hauch von Gewissen – Parker ist die in ein Stahlmantelgeschoss gegossene Inkarnation des modernen Raubtiers. Er nimmt, was er braucht und kümmert sich nicht um Besitzverhältnisse. Er tötet, wenn es sein muss, aber nicht aus Spaß, sondern aus seinem Instinkt und Überlebenswillen. Ehre unter Dieben? Parker traut niemandem, selbst seinen Freunden nicht wirklich. Aus gutem Grund – so lebt er länger.
Auch nach über vierzig Jahren hat Westlakes Antiheld nichts von seiner Wirkung und Faszination verloren, denn er ist ein nahezu perfektes Destillat aus Skrupellosigkeit, Egoismus und Furchtlosigkeit. Vor allem aber ist er kein getriebener Psychopath, dessen Handlungen unberechenbar sind, sondern ein beinahe mechanisch agierender Handwerker, der nur seinen Job macht. Eben den eines Verbrechers (und falls jemand seine Arbeit stört: den eines Killers). So kann ihn nicht einmal seine Gier zu Fall bringen, denn er nimmt nur das, was er braucht, um sein Leben zu leben.
Ganz von der Figur des Verbrechers abgesehen, ist es natürlich auch Westlakes Stil, der das Parker-Geschoss ins Hirn treibt. Er offenbart nur das, was für seinen Protagonisten unmittelbar von Bedeutung ist, eingebettet in unsentimentale Rückblenden. Jedoch nichts über Parkers Vergangenheit, kein Sermon darüber, warum Parker wurde, was er ist.
The Hunter und Point Blank
1967 verewigte John Boorman den Parker-Roman auf der Leinwand – Point Blank mit Lee Marvin. Ist der filmische Walker der literarische Parker? Ja und nein. Wie wohl bei jeder Adaption muss sich eine Geschichte dem Medium anpassen. Ein Schauspieler gibt dem Charakter ein eindeutiges Gesicht. Das Budget beeinflusst Länge und Handlungsschauplätze. Vor allem aber müssen sich Inhalt und Gewaltdarstellung einer Transformation unterziehen.
Mit Lee Marvin findet Parker tatsächlich eine gelungene Zelluloidinkarnation – wortkarg, stoisch, unberührbar und tough. Man glaubt ihm die Härte. Man nimmt seinen Zügen Parkers Leben ab. Parker ist cool – Walker ist cool.
Das Drehbuch interpretiert den Roman schließlich auf seine Art – ändert die Taten einiger Figuren, fügt neue hinzu. Nicht Lynn schießt Parker / Walker nieder, sondern Mal. Nicht eine Prostituierte hilft Walker, sondern seine Schwägerin. Er selbst will von Anfang an sein Geld zurück, im Roman kommt diese Erkenntnis erst später. Und schließlich weist der mysteriöse Yost Walker den Weg im Kampf gegen die Organisation. Vor allem aber – und hier sind Parker und Walker sehr unterschiedlich – tötet die filmische Version niemals selbst. Walker ist Zeuge und Auslöser, aber niemals selbst der Killer und somit auf eigentümliche Weise entmannt. Ganz im Gegensatz zu seiner literarischen Vorlage.
Fakten
Payback (Jetzt sind wir quitt)
Originaltitel: The Hunter (Point Blank / Payback), 1962
Richard Stark / Donald E. Westlake